Epidauros

Geschichte: Im Altertum verehrte man hier den Gott Asklepios, der Sage nach ein Sohn des Apoll und Koronis, der Tochter des Königs Phlegyas von Orchomenos. Als Koronis bei der Geburt starb, nährte eine Ziege Asklepios. Beim Kentauren Chiron wuchs der Gott auf, der ihn in der Heilkunde unterwies. Asklepios ist aber auch eine chthonische Gottheit, eng mit der Erde verbunden, wieauchseinSymbol.dieSchlange, bezeugt. In Epidauros wurde er zusammen mit Apollon Maleatas verehrt, einer lokalen Erscheinungsform des Apoll, der wiederum eine ältere Gottheit, Maleatas, verdrängt hatte. Die ältesten Reste des Heiligtums stammen aus dem 6. Jh. v.Chr. Berühmt wurde das Heiligtum Ende des 4. Jh. Von ganz Griechenland strömten die Kranken dorthin, um Heilung zu erbitten. Nach verschiedenen Reinigungsriten mußten die Kranken eine Nacht im Abaton verbringen, wo ihnen der Gott im Schlaf erschien und die entsprechende Therapie anzeigte. Alle vier Jahre fanden panhellenische Spiele, die Asklepieia, statt mit musischen und sportlichen Wettkämpfen, die aber nie die Berühmtheit der Olympischen oder Delphischen Spiele erreichten. Im Jahre 426 n. Chr. wurde das Heiligtum von Kaiser Theodosius II. geschlossen. Die Ausgrabungsarbeiten führten die griech. Archäologen Kavadias und Papadimitriou im Heiligtum des Maleatas (1948-1951) durch.

Das Theater: Es ist das besterhaltene und bekannteste der Antike und wird auch heute noch für Aufführungen benutzt. Gebaut wurde es höchstwahrscheinlich zu Beginn des 3. Jh. v. Chr. Anfangs hatte es 34 Sitzreihen aus Kalkstein und war in zwölf Sektoren geteilt. Eine Erweiterung fand im 2. Jh. v. Chr. statt, wobei man 21 weitere Sitzreihen anbaute und sich das Fassungsvermögen von 6200 auf 12 000 Zuschauer erhöhte. Die Ehrengäste saßen in der ersten Reihe (Prohedrie), die aus Sitzen mit Rückenlehne bestand. Die Orchestra besaß einen Boden aus gestampftem Lehm, hatte einen Durchmesser von 20,30 m und eine niedrige Marmoreinfassung. In der Mitte stand der Altar des Dionysos (heute nur das Fundament erkennbar). Zwei Parodoi (Zugänge) führten zur Orchestra; der westliche ist aus Teilen beider wiederaufgebaut und besaß - wie auch der östliche - eine verschließbare Tür. Hinter der Orchestra die Skene (Bühnenhaus) mit vier Innenstützen und je zwei Kammern an den Seiten. Das Proskenion (Vorderbühne) war 22m lang und 2,17 m breit und besaß zwei Flügel, die an den Seiten hervortraten. Die Fassade wies vierzehn ionische Halbsäulen auf; dazwischen waren drehbare Holztafeln (Periakta) mit bemalten Bühnenbildern angebracht. Später, als nicht nur die Schauspieler, sondern der Chor in der Orchestra auftrat, wurden die Periakta an den Wänden der Skene angebracht Nach dem Einfall der Goten 267 n. Chr., die das Heiligtum und das Theater zerstörten, wurde es neu errichtet. Dabei wurden auch Bauteile vom Heiligtum verwendet.

1.Theater
2.Apollon Maleatas
3.Katagogion
4.Badehaus
5.Gymnasion (Römisches Odeion)
6.Palaistra
7.Halle des Kotys
8.Tempel der Themis
9.Tempel der Artemis
10.Altes Abaton
11.Tempel des Asklepios
12.Tholos
13.Neues Abaton
14.Römisches Brunnengebäude
15.Brunnen
16.Bibliothek
17.Badeanlage
18.Festplatz
19.Aphrodite-Tempel
20.Zisterne
21.Propylaia
22.Frühchristliche Basilika
23.Römische Villa
24.Dorische Säulenhalle
25.Römische Thermen
26.Epidoteion (?)
27.Römische Villa
28.Museum
29.Stadion

Heiligtum des Apollon Maleatas (ca. 15 Min. Aufstieg vom Theater aus): Der Ort war schon im 3. Jtd. besiedelt. Man fand Reste eines Brandopferaltars aus dem 7. Jh. v. Chr. Anfang des 4. Jh. wurde ein kleiner Tempel errichtet, und gegen Ende des Jh. kam eine Stoa mit 17 oder 19 Säulen hinzu, die durch Strebepfeiler abgestützt wurde. Aus römischer Zeit existieren ein Brunnen, eine Zisterne und ein Haus für die Priester. Stifter war laut Pausanias der Senator Antoninus, der von Asklepios geheilt worden war.

Katagogion: Vom Theater aus und am Museum vorbei, kommt man zuerst zum Gästehaus, Xenon oder auch Katagogion genannt. Es ist ein quadratischer Bau (76,30 x 76,30 m) des 4. Jh. und beherbergte die Reisenden. Es besaß 160 Räume in zwei Stockwerken, die um vier Höfe mit dorischen Säulen angeordnet waren.

Griech. Bad (w davon): Ruinen einer Anlage aus dem 3. Jh. v. Chr.

Gymnasion (an der N-Seite anschließend): Ein großer Bau (76 x 70 m) auf noch sichtbaren Tuffsteinsockeln. In seiner ursprünglichen Gestalt besaß er einen Innenhof, von 60 Säulen umgeben, Hallen und Räume in den Ecken. Der Eingang (NW) hatte ein Propylon mit sechs dorischen Säulen. In römischer Zeit wurde das Propylon in ein Hygieia-Heüigtum, der Innenhof in ein Odeion umgewandelt.

Palästra (n des Gymnasions): Ein fast quadratischer Bau (34,20 x 29,35 m) mit Räumen an drei Seiten und einer Stoa an der N-Seite. Die Außenmauern bestehen aus behauenen Steinen. Die Stoa wird mit der Stoa des Kotys identifiziert, das Gebäude wird als Palästra angesehen.

Artemis-Tempel (13,30 x 9,40m): Er wurde Ende des 4. Jh. erbaut und wies sechs dorische Säulen an der Front und zwei vor den Anten auf. In der Cella stand das Kultbild, von zehn Säulen umgeben.

Themis-Tempel (fast an die Stoa des Kotys anschließend): Er stammt ebenfalls aus dem 4. Jh., mißt 7,25 x 4,85 m und hatte zwei Eingänge, einen im Osten und einen im Westen.

Tempel des Asklepios und des Apollon der Ägypter (NO): Er wurde in römischer Zeit von Antoninus errichtet. An der S-Seite eine Villa mit zwei Atrien. Im Heiligen Bezirk, der von Grenzmalen umgeben war, und n des Artemis-Tempels ein viereckiger Bau (24,30 x 20,70 m), der älteste des Heiligtums. An seiner NW-Ecke befanden sich ein Tempel und ein Altar des Apoll. In der Mitte des 6. Jh. v. Chr. fand der Bau als Schlafraum Verwendung. Es könnte sich um das ältere Abaton handeln, wo Asklepios den Heilsuchenden im Traum erschien. In römischer Zeit diente es den Priestern als Wohnhaus. Im W dieses Baus gab es einen Altar, der Apoll geweiht war.

Asklepios-Tempel: Dorischer Peripteros (24,30 x 13,20 m), aus Tuffstein gebaut. Architekt war Theodoros aus Phokäa. Der Fußboden war mit Tuffsteinplatten ausgelegt. Die Kultstatue aus Gold und Elfenbein war ein Werk des Thrasymedes aus Paros und entstand um 350 v. Chr. Sie befand sich in einer Vertiefung in der Cella (0,50 m unterhalb des Bodenniveaus). Die Akroteren wie auch die Giebelfiguren entstanden nach Modellen des Bildhauers Timotheos (390/380).

Tholos (w desAsklepios-Tempels): Von dem Bau ist nur das Untergeschoß (21,28 m Durchmesser) erhalten. Er gilt als ein Werk Polyklets des Jüngeren (gegen 360 v. Chr.). Es ist ein Rundbau, der aus sechs konzentrischen, runden Mauern bestand, wobei die ersten drei durchlaufend waren, die weiteren drei jedoch von Toren durchbrochen und mit Querwänden untereinander verbunden. Die äußere Mauertrug 26 dorische, die dritte von außen 14 korinthische Säulen. Die Tür befand sich im Osten und wies reichen Skulpturenschmuck (im Museum) auf. Die Kassettendecke trug ein pflanzliches Dekor. Der Fußboden war mit schwarz-weißen Platten ausgelegt und hatte in der Mitte eine runde Öffnung, die mit einer Platte zugedeckt war. Durch diese Öffnung konnte man in das Untergeschoß gelangen. Die genaue Verwendung des Baus ist nicht bekannt. In der Kostenaufstellung, die sich im Museum befindet, wird er als Thymele (Opferstätte) angeführt. Es wird auch vermutet, daß im Untergeschoß die heiligen Schlangen des Asklepios aufbewahrt wurden.

Abaton (n des Tholon): Eine Säulenhalle von 70 m Länge und 9,50 m Breite mit 29 ionischen Säulen an der Fassade und 13 Innensäulen. Der W-Teil besaß infolge des starken Gefälles zwei Stockwerke. Der 0-Teil, der auch älter ist (4. Jh.), war einstöckig. Durch 14Stufen waren die beiden Stockwerke miteinander verbunden. Ö des Abatons ein Brunnen aus dem 6. Jh. v. Chr. mit einer Tiefe von 17 m. In der Nähe befanden sich Inschriftentafeln, die sogenannten Pinakes, aufgestellt (jetzt im Museum), auf denen Heilungen beschrieben waren.

Brunnenhaus (w des Abatons und außerhalb des Heiligen Bezirks): Es ruht auf einem Tuffsteinfundament aus klassischer Zeit und war in kleine Räume unterteilt, die vielleicht als Wasserbehälter dienten. An den NO-Teil des Abatons grenzten eine Bibliothek (S) und eine Thennenanlage (N) aus dem 2. Jh. v. Chr., die auf die Fundamente älterer Bauten errichtet wurden.

Stoa (weiter nö): Langgestreckte Anlage aus dem 3. Jh. v. Chr.

Thermen (an der 0-Seite der Stoa): Die Anlage stammt aus römischer Zeit. Die Ziegelmauem haben sich bis zu einer Höhe von 1-2 m erhalten. Der mittlere Raum hatte vier Säulen und besaß einen Mosaikfußboden. Bevor der Bau in eine Thermenanlage umgewandelt wurde, soll er eine große Zisterne gewesen sein, die das Heiligtum mit Wasser versorgte. S ein Gebäude mit Stoa, das Epidoteion, das im 4. Jh. errichtet und im 2. Jh. n. Chr. erneuert wurde. Reste eines kleinen Aphrodite-Tempels w der langgestreckten Stoa aus dem Ende des 4. Jh. Eine Villa aus dem 5. Jh. v. Chr. befand sich n der Stoa (geringe Spuren zu sehen).

Propyläen (w des kleinen Aphrodite-Tempels): Sie wurden 340-330 errichtet. Zu sehen sind noch die Rampen an den Schmalseiten. Eine frühchristlicher Basilika (4. oder 5. Jh.) lag ö der Propyläen und war mit schönen Mosaiken ausgelegt.

Stadion (w des Gymnasions): Es war zwischen zwei Anhöhen gebaut und wies eine Länge von 196,44 m und eine Breite von 23 m auf. Die Laufbahn war 181,30 m lang. Steinsitze sind an beiden Längsseiten und an einer Schmalseite erhalten. Unterhalb der N-Seite führte ein unterirdischer Gang, der in hellenistischer Zeit angelegt wurde, zum Wohnhaus der Athleten mit einer Palästra.

Museum

Erster Saal: Eine Abrechnungstafel über die Erbauung des Asklepios-Tempels und der Tholos; Sammlung ärztlicher Geräte aus Bronze und Inschriften, die Heilungen von Krankheiten aufführen (Unfruchtbarkeit, Bandwurm, Augen-, Nieren- und Gallenbeschwerden).

Zweiter Saal: Asklepios- und Hygieia-Statuen; eine Rekonstruktion des Säulengebälks des Propylon vom Gymnasion und Giebel-Akrotere (Originale im Athener Nationalmuseum, Epidauros-Saal).

Dritter Saal: Skulpturenfragmente vom Asklepios-Tempel sowie Rekonstruktion des Asklepios-Tempels und der Tholos, zu der ein korinthisches Kapitell gehörte, das Polyklet dem Jüngeren zugeschrieben wird; Teile der Kassettendecke und des Türrahmens der Tholos.

Umgebung

Paläa Epidavros (Alt-Epidauros, ca. 10 km nö): Reste des antiken Hafens, der z. T. überflutet ist, sind noch zu erkennen. Reste eines Theaters und einer frühchristlichen Kirche.

 

Texte and Interpretationen von Heilungen

 

Pausanias' Description of Epidauros (2,27,1-7)

Den heiligen Hain des Asklepios umgeben auf allen Seiten Grenzmarkierungen. Innerhalb der Eingrenzung darf weder jemand sterben noch dürfen Frauen gebären. Dasselbe Verbot gilt auch auf Delos. Die Opfergaben verzehren sie, gleichgültig ob der Opfernde aus Epidauros oder ein Fremder ist, innerhalb der Grenzmarkierungen. Ich weiß, dass es in Titane genauso abläuft.

Das Kultbild des Asklepios ist halb so groß wie das des Olympischen Zeus in Athen und ist aus Gold und Elfenbein gefertigt. Die Inschrift besagt, dass der Bildhauer Thrasymedes aus Paros war, der Sohn des Arignotos. Asklepios sitzt mit einem Stab in der Hand auf einem Thron, die andere hat er über dem Kopf der Schlange; neben ihm liegt die Figur eines Hundes. Auf dem Thron sind Taten argivischer Helden dargestellt: die des Bellerophon gegen die Chimaira, und wie Perseus den Kopf der Medusa abhaut

Gegenüber vom Tempel ist der Schlafplatz derer, die Heilung vom Gott erflehen. In der Nähe steht ein sehenswerter Rundbau aus Marmor, die sogenannte Tholos. In ihr hat Pausias den Eros gemalt, der Pfeile und Bogen weggelegt und stattdessen eine Leier ergriffen hat. Dort ist - auch dieses Werk stammt von Pausias - auch gemalt, wie Methe (die Trunkenheit) aus einer Glasschale trinkt. Man kann auf dem Bild die Glasschale sehen und durch sie hindurch das Gesicht der Frau. Ursprünglich standen innerhalb der Einfriedung mehrere Stelen, zu meiner Zeit sind noch sechs übrig. Auf ihnen stehen Namen von Männern und Frauen, die von Asklepios geheilt wurden; dazu die Krankheit, an der jeder erkrankt war, und wie er geheilt wurde. Die Sprachform ist dorisch.

Abgetrennt von den übrigen steht eine alte Stele. Sie besagt, dass Hippolytos dem Gott 20 Pferde geweiht hat. Übereinstimmend mit der Aufschrift dieser Stele sagen die Arikier, Asklepios habe Hippolytos, nachdem er wegen der Flüche des Theseus umgekommen war, wieder auferweckt. Als er aber wieder lebte, wollte er seinem Vater keine Verzeihung gewähren, sondern ging ohne Rücksicht auf seine Bitten nach Aricia in Italien. Dort wurde er König und stiftete Artemis einen Hain, wo bis auf meine Zeit der Preis für den Sieger im Einzelkampf darin bestand, als Priester der Göttin zu dienen. Zu dem Wettkampf war aber kein freier Bürger zugelassen, nur Diener, die ihren Herren entlaufen waren

Die Epidaurier haben im Heiligtum ein, wie ich meine, höchst sehenswertes Theater. Die römischen Theater übertreffen alle sonst bei weitem an prachtvoller Ausstattung, an Größe aber das der Arkader in Megalopolis. Was aber Harmonie und Schönheit betrifft, welcher Architekt könnte sich da verdient mit Polykleitos messen? Denn Polykleitos war es, der sowohl dieses Theater als auch den Rundbau errichtete. Innerhalb des Bezirks gibt es einen Artemistempel, ein Standbild der Epione, ein Heiligtum der Aphrodite und der Themis, ein Stadion, wie meistens bei den Griechen eine Erdaufschüttung, und ein Brunnenhaus, sehenswert wegen seiner Überdachung und sonstigen Ausstattung

Was der Senator Antoninus zu unserer Zeit bauen ließ, ist ein Bad des Asklepios und ist ein Heiligtum der Götter, die sie "Epidotai" nennen. Er ließ auch Hygieia einen Tempel bauen und Asklepios und Apollon, den "Ägyptern" mit Beinamen. Es gab auch eine sogenannte "Stoa des Kotys". Sie war aber nach dem Einsturz des Daches schon gänzlich zerstört, weil sie aus ungebrannten Ziegeln gebaut war. Auch die ließ er wieder aufbauen. Von den Epidauriern litten die um das Heiligtum herum am meisten, weil ihnen die Frauen nicht unter dem Schutz eines Daches gebären konnten, und die Kranken der Tod unter freiem Himmel ereilte. Er half auch dem ab und richtete ein Haus ein, wo man nunmehr sterben und wo eine Frau gebären durfte.

Zwei Berge erheben sich über dem Hain, das Titthion und das sogenannte Kynortion. Auf ihm ist ein Heiligtum des Apollon Maleatas.