Pylos und der Palast des Nestor

Pylos, eine kleine Stadt (ca. 3000 Einw.) liegt in einer geschützten Bucht, die 5 km lang und 3 km breit ist. Die Insel Sphakteria schließt diese vom offenen Meer ab. Im N und S der Insel schmale Durchlässe für den Schiffsverkehr.

Geschichte: Der im Mittelalter gebräuchliche Name der Stadt war Navarino, eine Verstümmelung von »Avarinon« (»der Awaren«, in Anspielung auf den Slaweneinfall). Der heutige Name Pylos hat wenig mit der gleichnamigen antiken Stadt zu tun, die weiter nördlich liegt. An der Stelle des heutigen Pylos finden sich keinerlei antike Spuren. Das Neokastro am Südende der Bucht errichteten die Türken 1573. 1686 bis 1715 waren die Venezianer die Herren der Festung. Während des griech. Unabhängigkeitskriegs eroberten griech. Freiheitskämpfer die Festung, konnten sich aber gegen Ibrahim Pascha, der 1825 die Burg belagerte, nicht behaupten. Ibrahim schlug dort sein Hauptquartier auf und unternahm Vergeltungsaktionen im ganzen messenischen Land.

Die entscheidende Wende im griech. Unabhängigkeitskampf brachte die Seeschlacht von Navarino im Jahre 1827. Die Türken lehnten einen Waffenstillstand mit Griechenland ab. Frankreich, Großbritannien und Rußland, die offizielle Beziehungen mit Griechenland unterhielten, entschlossen sich zu einer Machtdemonstration. Die alliierte Flotte stand unter der Führung der Admirale de Rigny, Codrington und von Heyden und verfügte über 27 Schiffe mit 1276 Kanonen. Sie fand die türkischägyptische Flotte im Halbkreis aufgestellt in der Bucht von Navarino vor (89 Schiffe mit 2438 Kanonen). Bei den Türken lösten sich einige Schüsse, die die Alliierten als Eröffnung der Kampfhandlungen deuteten. Die Schlacht begann um 12 Uhr mittags und endete am nächsten Morgen mit der Niederlage der Türken, die nur noch 29 Schiffe retten konnten.

Museum in Pylos: Es besitzt Erinnerungsstücke an die Seeschlacht. Außerdem sind Keramiken aus mykenischer Zeit und einige hellenistische Fundstücke zu sehen.

Bucht von Navarino: Vom Hafen aus kann man mit einem Motorboot durch die Bucht fahren. Bei ruhigem Wasser sieht man die Wracks der türkisch-ägyptischen Flotte auf dem Meeresboden. Im südlichen Teil der Bucht die kleine Insel Pylos mit dem Denkmal der in der Schlacht von Navarino gefallenen französischen Matrosen. Die Insel Sfaktiria (5 km lang) ist unbewohnt.

Beim Anlegeplatz Panagoula, wo eine kleine Kirche steht, das Denkmal für die russischen Seeleute. Von dort aus kommt man zu einem Plateau mit zwei Brunnen. Hier wurden die Spartaner im Jahre 425 v. Chr. von den Athenern belagert, wie auch Thukydides schreibt.

72 Tage dauerte die Belagerung, bis sich die Athener zum Angriff entschlossen. Von den 420 Spartanern mußten sich, die noch am Leben gebliebenen 192 ergeben.

Am Ilias-Berg Reste einer antiken Festung, die von den Spartanern als Zufluchtsstätte benutzt wurde. Die Sykia-Durchfahrt im N zwischen Sfaktiria und dem Koryphasion-Vorgebirge ist ca. 100 m breit. Überreste einer Hafenanlage aus dem 4. Jh. v. Chr. Am Gipfel des Vorgebirges die Ruinen der Akropolis von Pylos, die vom 6. bis zum 9. Jh. von den Awaren besetzt war. Unter den Franken hieß sie Castel de Port dejonc. im 16. Jh. Palaiokastro. Von der Anlage sind runde und viereckige Türme und ein Teil des Mauerumgangs erhalten. Im N und W ist die Akropolis auf dem antiken Unterbau aus dem 4. Jh. v. Chr. errichtet. Unterhalb der Nordostecke der Mauer befindet sich der Eingang zur Grotte des Nestormit Stalaktiten in Form von Tieren und Tierfellen. Der Sage nach soll hier Hermes die von Apoll gestohlenen Rinder versteckt und die Häute der getöteten Tiere in der Grotte aufgehängt haben. Beim Voidokoilia-Hafen (Ochsenbauch) n des Koryphasion-Vorgebirges ein ausgedehnter mykenischer Friedhof. Tholos-Grab, schon im Altertum als das Grab des Thrasymedes bekannt, mit reichen Grabbeigaben. Mitten in der Bucht die Insel Chelonaki (kleine Schildkröte) mit dem Denkmal für die in der Seeschlacht von Navarino gefallenen britischen Matrosen.

Palast des Nestor

(17 km n.): Der mykenische Palast ist eine der am besten erhaltenen Palastanlagen Griechenlands. 1939 begannen Archäologen der Universität von Cincinnati mit systematischen Ausgrabungen in der Gegend von Ano Englianos. Dort vermutete man den Palast auf Grund der zahlreichen Tholos-Gräber in der näheren Umgebung. Schon am ersten Tag der Ausgrabungsarbeiten kamen Freskofragmente, mykenische Becher und Täfelchen mit Linearschrift B zum Vorschein.

Geschichte: Pylos wurde von den Neleiden beherrscht, die sich nach Nestors Vater Neleus nannten, der aus Thessalien eingewandert war. Nestor, der Nachfolger des Neleus, nahm mit 90 Schiffen am Trojanischen Krieg teil und kehrte nach zehn Jahren wohlbehalten zurück. Telemachos, des Odysseus Sohn, kam nach Pylos, als er nach seinem Vater forschte, und wurde königlich bewirtet, bevor er zu Menelaos nach Sparta reiste. Der Palast wurde im 13. Jh. erbaut und gegen 1200 v. Chr. durch einen Brand zerstört.

Palast: Er besteht aus einer Reihe von Gebäuden. Der Hauptbau mit 50m Länge und 32 m Breite war der Wohnsitz des Königs. Im SW vom Hauptbau ein weiterer, kleinerer Wohntrakt. Im NO ein länglicher Bau, der als Palastwerkstatt angesehen werden kann. Auf Grund von Funden wurden dort Leder- und Metallgegenstände repariert. Nw von der Werkstatt befanden sich weitere Räume, in denen wahrscheinlich die Sklaven wohnten.

Der Palast war zweistöckig angelegt; Treppen führten zum zweiten Stock hinauf, wo sich die Frauengemächer befanden. Dach wie Wände waren aus Holz gefertigt, ebenso die Säulen und die Türrahmen. Die Innenwände waren stuckiert und bemalt.

Hauptgebäude:
1. Propylon 
2. Hof zum Megaron
3. Megaron
3a.+3b. Vorhallen
3c.Thronsaal mit Opferherd
4. + 5. Archiv (Linear-B-Täfelchen)
6. Vorratskammer
7. Warteraum
11. Treppe
9.-15.Geräteräume + Ölmagazine (Gefäßfunde)
16. Treppe
17.-19. Gemächer des Königs
22: Badezimmer

23. Megaron der Königin
24.-25. Wohnräume der Königin 26. Hof der Königin
27.-28. Räume der Palastwache
31. Vorhalle mit Treppe zum Obergeschoss und Zugang zu den Nebenräumen
30. Weinmagazin
SW-Gebäude (Älterer Palast):
31. Hof 
37: Rampe
32.Vorraum zum Megaron (Aithusa)
33. Megaron (Domos) 
34. Weinlager
NW-Gebäude (Werkstätten)
35. Kleines Heiligtum
36. Werkstatt



Hauptgebäude: Der Eingang (Propylon) befand sich im SO. Links zwei kleine Räume (Archive), wo man ca. tausend Tontafeln mit Linearschrift B ausgrub. M. Ventris und J. Chadwick gelang es 1952, die Schrift zu entziffern; die Sprache ist ein Vorläufer des Altgriech! Diese Tafeln von ca. 7 x 12 bis 25 cm Größe enthalten Aufzeichnungen in Registerform, eine Art Inventarliste von Waren, Geräten und Gefäßen. Andere wiederum geben Auskunft über Namen und Herkunftsorte der Lieferanten. Nach Passieren des Propylons gelangt man in einen Hof an dessen Ende sich ein Portikus öffnete. Zwei Holzsäulen trugen das Gebälk dieser Vorhalle. Auf der linken Hofseite zwei Räume: eine Speisekammer und ein Warteraum für die Gäste, die den König besuchen wollten. Der Warteraum hatte eine umlaufende Bank; die Wände waren mit Malereien usgeschmückt. Zwei Wein-Pithoi standen in einer Ecke. Im anderen Raum fand man Hunderte von Weingefäßen, die noch an Ort und Stelle zu sehen sind. Durch eine zweite Halle (5) gelangte man in den Thronsaal mit einer Fläche von 11,20 x 12,90m. In der Mitte des Raums befand sich ein großer Herd mit einem Durchmesser von 4 m. Vier Holzsäulen stützten das Dach. Für den Rauchabzug über dem Herd sorgten Tonröhren, die bei den Ausgrabungsarbeiten gefunden wurden. Ein Opfertisch befand sich links vom Herd. Der Thron stand erhöht an der rechten Wand des Saales. Er war wahrscheinlich aus Holz gefertigt und mit Einlegearbeiten in Elfenbein verziert. Der erhaltene Wandschmuck des Thronsaals zeigt einen Greifen und einen Löwen sowie einen auf einem Felsen sitzenden Leierspieler. Der Fußboden aus Stuck war in quadratische, ornamentierte Felder aufgeteilt. Vor dem Thron die Darstellung eines Tintenfisches. Neben dem Thron an der rechten Seite eine Vertiefung für Trankopfer. Auf diese Weise konnte der König vom Thron aus die Opfer darbringen.

Links vom Thronsaal Magazinräume, in denen man vorwiegend Gefäße fand. Direkt hinter dem Thronsaal zwei große Vorratsräume zur Lagerung von Öl. Von den Vorratsräumen gelangt man zu einem weiteren Ölvorratsraum.

Rechts vom Thronsaal fünf weitere Räume verschiedener Größe. Einer von ihnen kann als Ölmagazin angesprochen werden, da in ihm bemalte Vorratsgefäße gefunden wurden. Die anderen Räume scheinen zum Zeitpunkt des Brandes leergestanden zu haben. Nur in einem fand man Reste von verbranntem Elfenbein.

Wieder in der Halle, sieht man rechts 8 Stufen, die zum oberen Stockwerk führten. Insgesamt müßten es 21 Stufen gewesen sein. Somit ergibt sich eine Höhe von ca. 3,25 m für das Erdgeschoß. Auf der linken Seite der Halle Reste von zwei weiteren Treppen.

Rechts vom Hof ein großer Raum, vielleicht das Privatgemach des Königs. Ebenfalls vom Hof aus gelangt man zu einem Bad . Es ist das einzige erhaltene aus mykenischer Zeit auf dem Festland. Die Tonwanne ist bemalt, davor ein Tritt zum Einstieg. Seitlich ein

Podest für die Wassergefäße. Vom Hof aus nach rechts ein größerer Raum mit Herd, der Saal der Königin . Reste von Wandmalereien mit der Darstellung von Greifen, Löwen und Leoparden.

Gebäude im S W: Es handelt sich um die Ruinen eines weiteren Palastes aus dem Späthelladikum III A (älter als der Hauptpalast, der im Späthelladikum III B anzusetzen ist). Ein Hof trennte die beiden Paläste. Durch einen großen Raum mit zwei Säulen am Eingang und einer in der Mitte gelangte man zum älteren Thronsaal, der aber keinen Herd besaß. Der nördlichste Raum des Trakts diente als Weindepot.

Gebäude im NW: Es diente in erster Linie als Werkstatt. Ein kleiner Raum kann als kleines Heiligtum angesehen werden; davor Reste eines Altars. Ein weiterer Raum diente vielleicht als Lager für Rohmaterial (viele Bronzefragmente). Der mittlere Raum war die eigentliche Werkstatt. Dort fand man 56 Tontäfelchen mit Angaben über Reparaturen von Leder oder Metall und über Lieferungen von beiden Materialien Der große Raum im NO der Palastanlage war das Weindepot.

Tempelgräber. 100 m nö vom Palast ein Tholos-Grab von 9,35 m Durchmesser, das zwar ausgeplündert war, in dem aber noch wertvolle Gegenstände wie Goldringe, Amethyststeine und Gemmen gefunden werden konnten. Weitere Gräber liegen in der Umgebung der Palastanlage verstreut (ebenfalls mit zahlreichen Funden).

Museum des Nestor Palastes in Chora (ca. 3 km nö): Fresken, Tongeschirr, Tontäfelchen und aus der Umgebung ein Goldbecher (aus dem Grab von Peristeria bei Kyparissia).