Strabon 8,6,20-23
Korinth heißt als Handelsplatz reich. Weil es auf dem Isthmos liegt, verfügt es über zwei Häfen, von denen der eine Kleinasien, der andere Italien zugekehrt ist... und so erleichtert es den Warenaustausch zwischen den Völkern, die so weit auseinanderliegen. Wie seit alters die Route bei Sizilien, so war besonders die um das Kap Malea wegen der widrigen Winde schwer zu fahren. Daher auch das Sprichwort: "Fährst du um Malea, vergiss dein Zuhause!" Beide also, die Kaufleute aus Italien und die aus Kleinasien, verzichteten gern auf die Fahrt um Malea, und brachten ihre Fracht hierher. Auch fiel ihnen von denen, die zu Land aus der Peloponnes Waren aus- und einführten, eine entsprechende Abgabe zu, weil sie die Landenge beherrschten.
Dies blieb bis später durchweg so. Später hatten sie sogar noch größere Einnahmen, denn die Isthmischen Spiele fanden dort statt und brachten viele Leute herbei. Es kamen die Bakchiaden an die Macht, eine reiche, zahlreiche und glanzvolle Familie. Rund zweihundert Jahre behaupteten sie die Macht und ernteten unbekümmert den Ertrag des Handelsplatzes. Kypselos löste sie ab und übernahm selbst die Herrschaft. Seine Familie blieb bis in die dritte Generation an der Macht. Den Reichtum dieses Hauses bezeugt das Weihegeschenk des Kypselos in Olympia: ein ziemlich großes Standbild des Zeus aus gehämmertem Gold. Demaratos, einer von denen, die in Korinth an die Macht gelangt waren, musste vor den Aufständen dort fliehen und nahm so großen Reichtum mit nach Etrurien, dass er selbst in der Stadt, die ihn aufgeommen hatte, zur Herrschaft kam. Sein Sohn wurde sogar König in Rom.
Auch der Tempel der Aphrodite war so reich, dass er mehr als tausend Hierodulen als Hetären hatte. Diese weihten der Göttin sowohl Männer als Frauen. Durch sie wuchs nun die Bevölkerung und der Reichtum der Stadt. Denn die Schiffseigner gaben ihr Geld leicht wieder aus. Deswegen lautet das Sprichwort: "Nicht jeder Mann segelt nach Korinth." So soll denn auch eine Hetäre einer Frau, die ihr vorwarf, sie sei arbeitsscheu und packe keine Wolle an, gesagt haben: "Und gleichwohl habe ich, so wie ich bin, in dieser kurzen Zeit schon drei Tücher heruntergenommen". ("Tücher" a) vom Webstuhl als auch b) Segeltücher: Sie hat drei Seeleute ausgenommen.)
(8,6,21) Die Lage der Stadt ist nach dem, was Hieronymos, Eudoxos und andere gesagt und ich selbst neulich nach dem Wiederaufbau durch die Römer gesehen habe, folgende: ein hoher Berg mit ungefähr dreieinhalb Stadien in der Senkrechten und einem Aufstieg von dreißig Stadien, der auf einem schroffen Gipfel endet. Er heißt Akrokorinth. Im Norden ist er am steilsten. Unterhalb von ihm liegt die Stadt in einem trapezförmigen ebenen Gelände, unmittelbar am Fuß des Akrokorinth.
Der
Umfang der Stadt selbst betrug vierzig Stadien. Ummauert war von der
Stadt, was vom Berg nicht gedeckt wurde. Mit einbezogen in diese
Ummauerung war auch der Berg Akrokorinth selbst, wo es jeweils
möglich war, eine Mauer anzubringen. Als ich hinaufging, konnte
ich die Überreste der Befestigung sehen. So betrug der gesamte
Umfang ungefähr fünfundachtzig Stadien. Auf den übrigen
Seiten ist der Berg weniger steil, zieht sich allerdings von dort
ziemlich hinauf, und ist ringsum gut zu sehen. Seinen Gipfel
beherrscht ein kleiner Tempel der Aphrodite; unterhalb vom Gipfel
liegt die Quelle der Peirene,
die zwar nicht frei abfließt, aber immer voll von klarem
Trinkwasser ist. Man sagt, sowohl von hier als auch aus anderen
unterirdischen Adern zwänge sich die Quelle am Fuß des
Berges, die sich sich in die Stadt ergießt, so dass sie von ihr
hinreichend mit Wasser versorgt ist. Auch Brunnen gibt es in reicher
Zahl in der Stadt, angeblich auch auf dem Akrokorinth. Davon habe ich
allerdings nichts gesehen.
Euripides sagt: "Ich komme
verlassend den ringsumspülten Akrokorinth, den heiligen Berg,
die Stadt Aphrodites". Das "ringsumspült" ist in
der Tiefe anzunehmen, weil sowohl Brunnen als auch unterirdische
Wasseradern ihn durchqueren, oder man muss annehmen, dass die Peirene
in alter Zeit oberirdisch abfloss und so den Berg umspülte.
Dort, so sagt man, sei bei der Tränke Pegasos, das geflügelte Pferd, das bei der Enthauptung der Gorgo Medusa aus ihrem Hals aufgestiegen war, von Bellerophon eingefangen worden. Es habe, erzählt man weiter, auch die Hippokrene am Helikon entspringen lassen, indem es mit seinem Huf auf den Felsen darunter schlug. Unterhalb der Peirene ist das Sisypheion, das die bedeutenden Überreste eines aus Marmor gebauten Tempels oder Palastes bewahrt. Vom Gipfel aus sieht man in nördlicher Richtung die hohen schneebedeckten Gebirge Parnassos und Helikon und die Bucht von Krisa, die beiden zu Füßen liegt und von Phokis, Boiotien, der Megaris und gegenüber von Phokis an der Meerenge von der Landschaft um Korinth und Sikyon eingerahmt wird. Nach Westen hin ... erhebt sich über dies alles das sogenannten Oneische Gebirge. Es erstreckt sich von den Skeironischen Felsen, und zwar dem an diesen entlang führenden Weg nach Attika, bis nach Boiotien und zum Kithairon.
(8,6,22) Den Anfang der einen Küste markiert Lechaion, den der anderen Kenchreai, ein ungefähr 70 Stadien von der Stadt entferntes Hafendorf. Dieses dient den Seeleuten aus Kleinasien, denen aus Italien aber Lechaion. Lechaion liegt unterhalb der Stadt und verfügt über nur wenige Wohnungen. Schenkelmauern ziehen sich ungefähr zwölf Stadien auf beiden Seiten des Weges herab nach Lechaion. Von dort erstreckt sich die Küste bis Pagai in der Megaris und wird vom Korinthischen Golf bespült. Sie bildet eine Bucht und gibt so den Durchzug (Diolkos) zu der anderen Küste bei Schoinus nahe bei Kenchreai frei
Zwischen Lechaion und Pagai lag das alte Orakel der Hera Akraia und erhoben sich die Olmiai, das Vorgebirge, das die Bucht bildet, in der Oinoe und Pagai liegen; dieses ein Wachposten der Megarer, Oinoe der Korinther. Nach Kenchreai kommt Schoinus, wo die enge Stelle für den Diolkos ist. Dann das Gebiet von Krommyon. Vor dieser Küste weiten sich der Saronische und der Eleusinische Golf, in gewisser Weise ein und derselbe. Sie hängen mit dem Hermionischen Golf zusammen.
Man berichtet auch einen Orakelspruch, der jemandem aus Kleinasien gegeben wurde, als er fragte, ob es besser sei nach Korinth umzuziehen: Glücklich Korinth, ach wäre ich ein Bürger Teneas!" Einige haben ihn aus Unkenntnis verändert zu: "Ach wäre ich ein Bürger Tegeas!" Polybos soll dort Oidipus großgezogen haben. Auch scheinen die Bewohner von Tenedos mit ihnen verwandt zu sein, und zwar über Tennes, den Sohn des Kyknos, wie Aristoteles ausgeführt hat. Dass Apollons Verehrung bei beiden ähnlich ist, gibt keinen unbedeutenden Hinweis darauf.
(8,6,23) Als die Korinther unter Philipps Einfluss standen, teilten sie seine ehrgeizige Politik und verachteten auch von sich aus die Römer, so dass einige es wagten, als Gesandte an ihrem Haus vorbeigingen, sie mit Fäkalien zu übergießen. Auf dem Isthmos steht unter dem Dach eines Fichtenhains auch das Heiligtum des Isthmischen Poseidon, wo die Korinther die Isthmischen Spiele ausrichteten. Krommyon ist ein Dorf der Korinthia, früher der Megaris, wo man die Geschichte von der Krommyonischen Sau erzählt, die die Mutter des Kalydonischen Ebers gewesen sein soll. Unter den Abenteuern des Theseus überliefert man als eines die Erlegung dieser Sau. Auch Tenea ist ein Dorf aus der Korinthia, in dem es ein Heiligtum des Apollon von Tenea gibt. Man erzählt, als Archias die Kolonie nach Syrakus entsandte, seien die meisten Einwohner von hier gefolgt, und diese Siedlung habe danach am meisten von allen in Blüte gestanden. Zuletzt hätten sie sogar eine eigenständige Politik betrieben, seien von den Korinthern abgefallen und hätten sich den Römern angeschlossen. So überdauerten sie die Zerstörung der Stadt. Dies und andere Vergehen mussten sie auf der Stelle büßen. Denn man schickte ein beachtliches Heer. Korinth selbst wurde von Lucius Mummius zerstört. Auch sonst fiel alles bis Makedonien in die Hand der Römer, wobei man jeweils andere Feldherrn in andere Gebiete geschickt hatte. Das meiste Land der Korinthia bekamen die Sikyonier.
Polybios beklagt die Ereignisse bei der Einnahme von Korinth. Er stellt besonders die Geringschätzung der Soldaten gegenüber den Kunstwerken und Weihebildern heraus. Er sagt nämlich, er habe mit eigenen Augen auf dem Boden die umgeworfenen Gemälde gesehen und die Soldaten, wie sie darauf Würfel spielten. Darunter nennt er von Aristeides ein Gemälde des Dionysos, über den einige angeblich den Spruch geprägt hatten: "Nichts geht über den Dionysos!" Darunter auch einen Herakles, wie er im Gewand der Deianeira leidet. Diesen habe ich nicht gesehen, den Dionysos aber, eine wunderschöne Arbeit, konnte ich im Cerestempel in Rom besichtigen. Als kürzlich der Tempel niederbrannte, wurde auch das Gemälde zerstört. Von fast allen anderen Standbildern in Rom soll der größte und beste Teil aus Korinth stammen. Einige beherbergten auch die Städte im Umkreis von Rom. Weil Mummius angeblich in höherem Maße großzügig als kunstliebend war, gab er leichten Herzens ab, wenn ihn einer bat. Als Lucullus den Fortunatempel und einen Portikus hatte bauen lassen, bat er Mummius, ihm Standbilder aus seinem Besitz zu überlassen, um den Tempel bis zu seiner Einweihung herauszuputzen; dann werde er sie zurückgeben. Er gab sie nicht zurück, sondern stellte sie auf und forderte ihn auf, sie zu holen, wenn er wolle. Jener verübelte es ihm nicht und kümmerte sich kein bisschen darum, so er mehr Ansehen davontrug als der, der sie aufgestellt hatte.
Korinth blieb lange unbewohnt, dann aber ließ es der göttliche Cäsar wegen seiner günstigen Lage wieder aufbauen. Die meisten Siedler, die er schickte, waren Freigelassene. Als sie die Trümmer räumten und die Gräber öffneten, fanden sie eine Fülle reliefierter Tongefäße. Viele waren auch aus Bronze. Weil sie die Art der Arbeit bewunderten, ließen sie kein Grab undurchsucht, so dass den Überschuss teuer zum Verkauf anboten und Rom mit "Nekrokorinthien" überschwemmten. Denn so nannten sie die Grabfunde, und zwar überwiegend aus Ton. Anfangs wurden sie gleich den in Korinth gefertigten Bronzegefäßen außerordentlich geschätzt, dann aber erlahmte das Interesse, da die Tongefäße ausliefen und die meisten keine Originale mehr waren.
Die Stadt Korinth war immer groß und reich. Es fehlte ihr nicht an tüchtigen Männern, sowohl an Politikern als auch an Künstlern und Handwerkern. Denn hier und in Sikyon entwickelten sich Malerei, Plastik und jede derartige Kunstform am bedeutendsten. Es besaß kein sonderlich fruchtbares, sondern unebenes und steiniges Ackerland, weswegen alle Korinth als hügelig bezeichnet haben und es sprichwörtlich heißt: "Korinth von Hügeln hoch und auch von Senken tief."