Kloster Daphni
Etwa 10km außerhalb von Athen an der ehem. Heiligen Straße nach Eleusis (NW) liegt am Ägaleon-Hügel die byzantinische Klosterkirche Dafni. Der Name des schon im 5./6. Jh. gegründeten Klosters (Fundamentreste im W des heutigen Klosterbaus erhalten) ist abgeleitet vom ehem. Tempel des Apollon Daphnephoros, der sich hier befand (keine Spuren). Der Tempel des »Apoll im Lorbeer« wurde 395 n. Chr. zerstört. Um 1080 entstand hier eine neue Kirche mit Klosteranlage (Komnenenzeit): Es war ein großer Kreuzkuppelbau (Griechenkreuz), der mit herrlichen byzantinischen Mosaiken ausgeschmückt wurde- Unter der Fran-kenherrschaft (1204-1456) wurde das Kloster Kimisis Theotoku (»Maria Himmelfahrt«) vom burgundischen Zisterzienser-Orden um 1211 übernom-men, der einen gotischen Vorraum (Exonarthex) anfügte. Die Spitzbogen der Westfassade und der Mauerwehrgang stammen ebenfalls aus dieser Zeit. Verschiedene Frankenherzöge wurdei hier bestattet. Die Türken gaben das Kloster nach der Eroberung Attikas der orthodoxen Kirche zurück. Im 16. Jh entstand der heutige Klosterhof um den Brunnen.
Ende des 18. Jh. wurde das Kloster während der Aufstände geger die Türken (zeitweise Festung) aufgegeben. Die Kirche wurde erst ab 1890 restauriert, und die z. T. zerstörten Mosaiken wurden renoviert. Weder der ursprüngliche Plattenbelag des Fußbodens, noch die marmorne Wandtäfelung sind erhalten. Auch die Mosaiken haben stark gelitten. Dennoch ist die Kirche ein Musterbeispiel byzantinischer Mosaikkunst:
Photo 1953, vor der Restaurierung
Mittelpunkt der Kirche ist der Hauptraum, über dem sich die Kuppel mit dem imposanten Pantokrator-Mosaik wölbt: Die Kuppel stellt den Himmelsraum dar (Dionysus Areopagitus!), wo Christus als strenger, richterlicher Weltenherr thront (vergleichbar dem byzantinischen Kaiser als dessen Stellvertreter auf Erden). Er ist umgeben von den 16 vorchristlichen Propheten (see Capella Palatina, Palermo!), die sein Kommen vorhersagten: Moses, David, Jesaia, Salomon, Elias, Elisäus, Jonas, Habakuk, Zephanja, Malachias, Daniel, Micha, Joel, Zacharias, Ezechiel, Jeremias (im Uhrzeigersinn). - Die Eckwölbungen zeigen Verkündigungund Geburt, Taufe und Verklärung (W) des Erlösers. - In der Kuppel des Altarraums (Bema) der auferstandene Christus zusammen mit den Erzengeln Gabriel und Michael (see Cefalú, Sizilien). In der Wölbung der Apsis (Altarraum), hinter der Ikonostase, ist die Gottesmutter (Panagia Theotokos) mit dem Jesuskind dargestellt. - In der Prothesis (links) Johannes der Täufer mit orthodoxen Heiligen; im Diakonikon (rechts) der hl. Nikolaus. - Im linken Seitenraum (der Kreuzanlage) der auferweckte Lazarus über dem Einzug in Jerusalem ;die Geburt Maria über der Kreuzigung Christi.
Im rechten Seitenraum die Darstellung des Jesuskindes im Tempel über dem ungläubigen Thomas; die Hl. Drei Könige (Weisen) über Christi Abstieg zu den Toten (Hades). - Der thronenden Muttergottes (Theotokos) in der Altamische entspricht das Gegenbild über dem Eingang (Narthex) im W mit dem Tod Mariä (Mariä Himmelfahrt). Als weitere Mosaikszenen befinden sich im Südflügel des Narthex die Mariengeschichte (Maria im Tempel, Namengebung Mariä, die Eltern Joachim und Anna). Im Nordflügel die Jesusgeschichte (Verrat des Judas, Fußwa-- schung, Abendmahl). - Alle diese bedeutenden Kunstwerke wurden von einem (unbekannten) Meister des griech. Mittelalters geschaffen, der hier für den (vor allem des Lesens unkundigen) Gläubigen eine überzeugende Darstellung der christlich-orthodoxen Grund-; Wahrheiten gab. Neben den biblischen Szenen ist der Kircheninnenraum auch mit zahlreichen orthodoxen Heiligenbildern ausgeschmückt. - Der ursprüngliche Eingang befand sich im W (über Exonarthex und Narthex); heute im rechten Seitenarm.
Von den Gebäuden im Klosterbereich sind noch der Unterbau eines Refektoriums mit Apsis aus dem 11. Jh. (im N) und im S der an die Kirche angelehnte Kreuzgang erhalten. Die Mönchszellen aus dem 16. Jahrhundert umgeben den quadratischen Hof mit Zisterne. Hier befinden sich Sarkophage mit westeuropäischen Motiven (Lilien, Kreuz) aus der Zeit der Herrschaft der fränkisch-französischen Herzöge (Familie de la Roche).
Unter den Arkaden finden sich weitere byzantinische Fragmente der ehem. Krypta: auch einige antike Funde von der nahe gelegenen Heiligen Straße sind zusehen.
Umgebung: In der Nähe des Klosters findet alljährlich im Herbst das be-rühmte Weinfest von Dafni statt mit Kostproben aus allen griech. Weinbaugebieten und mit folkloristischen Darbietungen. - Etwa 2 km nw an der Heili-gen Straße liegt an einer Felswand ein ehem. Aphrodite-Heiligtum (Nischen für Weihestatuen). Ein Stück der Heiligen Straße nach Eleusis ist noch sichtbar.