Aus
einem Brief von Hartmut Schmidt 26 Juli, 2008
Zu
Langerhans, der Berliner Kreis:
Ich
hatte Dir in Sacro gesagt, dass mir der Name von Paul
Langerhans nicht nur als Entdecker der Zellen, die die
Insulinsteuerung in der Bauchspeicherdrüse leisten,
sondern auch aus der Familiengeschichte bekannt ist. Ich weiß
nicht mehr, wie wir auf den Namen Langerhans gekommen sind,
[über die Japanische Hochzeit] aber jetzt hole ich nach,
was ich in Sacro nicht mehr genau im Kopf hatte:
Mich
hat 1989, noch vor der Wende, ein Herr Prof. Dr. Björn
Hausen, Arzt am großen Hamburger Krankenhaus in
Eppendorf, angeschrieben, ob ich ihm zur Verbindung von
Langerhans und Kiepert etwas sagen könne (ich hatte
damals mit dem Buchhändler Kiepert Kontakt, der hat mich
wohl weitergenannt). Hausen hatte gerade ein Buch
veröffentlicht: "Die Inseln des Paul Langerhans.
Eine Biographie in Bildern und Dokumenten". Wien
(Ueberreuter Wissenschafts-Verlag) 1988 (damals 128 DM).
Das Buch beschreibt unter anderem die Reise, die Heinrich
Kiepert mit seinem Sohn Richard und dessen Freund
und Mitabiturienten Paul Langerhans 1870 durch
Palästina, Türkei und Syrien gemacht hat. Die
Kieperts haben geographische Studien getrieben, Langerhans
hat sich medizinisch betätigt und z. B.
palästinische Leprakranke untersucht.. Ich kenne
nur dieses Kapitel (Kopie), an das Buch bin ich damals von
Ostberlin aus nicht herangekommen. Später habe ich mich
leider nicht mehr darum gekümmert, aber dieses Kapitel
ist für uns interessant, weil der Autor ziemlich viel
auch über die Kieperts mitteilt und sogar (wenige)
Reisebriefe von Richard an seine Mutter abdruckt. Ich hatte in
Sacro gesagt, Langerhans sei irgendwie mit Kieperts verwandt.
Das stimmt um drei Ecken, aber genau kann ich es auch heute
nicht sagen. Die Sache ist so, wahrscheinlich findest Du
einiges in der Ahnentafel Deines Vaters:
Es
geht um vier große Berliner Familien: Beer, Kiepert,
Langerhans und Knoblauch. Die Beers kamen aus
Hirschberg, Kieperts aus Schwiebus, der Stammvater
Jaerschky war irgendwo Pastor, die Großväter
Langerhans und Knoblauch waren gut eingesessene Berliner
Bürger, Baumeister, auch Berliner Stadtverordnete.
Mehrere Langerhans waren Ärzte und medizinische
Wissenschaftler (einiges findest Du in Wikipedia). Man traf
sich, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts offenbar
gern in Adolf Kieperts Gut Marienfelde am Südrand
von Berlin und ritt dort zur Jagd. In einem Berliner Museum
gibt es ein Gemälde (des ziemlich berühmten Reinhold
Begas) über eine solche Jagdgesellschaft, gut zu erkennen
sind Adolf Kiepert und der ältere Paul Langerhans (B.
Hausen hat es abgedruckt). Marienfelde war ein blühendes
Rittergut., das sicher eine lukrative Rolle bei der Versorgung
Berlins spielte.
Adolf Kiepert gehörte mit
Max Eyth und einigen anderen (die ich nicht kenne) zu den
Begründern der DLG (Deutsche
Landwirtschaftsgesellschaft), die bis heute die Grüne
Woche unter dem Berliner Funkturm organisiert und z. B.
jährlich die besten deutschen Weine prämiert. Man
traf sich, man ritt, man feierte und war verwandt, also
heiratete man weiterhin untereinander. Johann Philipp
Beer (Hirschberg) war mit Sophie Elisabeth Jaerschky
verheiratet. Johann Philipp Beers Tochter Henriette war
die Frau von Samuel Kiepert (1763-1836) und also Mutter
von Heinrich Kiepert. Johann Philipp Beers Sohn, Carl Beer
(Frankfurt/Oder) hatte einen Sohn Louis Beer
(Rittergutsbesitzer) und eine Tochter Emilie. Louis heiratete
Marie Jaerschky, Emilie Jaerschky wurde die Frau von Adolf
Kiepert (Marienfelde). Dessen Sohn Otto heiratete Hedwig
Jaerschky. Louis Beers Tochter Adelheid wurde die Frau
von Richard Kiepert, dem Vater unserer wunderbaren alten
Tanten Kiepert (Marie [Mieze] und Gertrud) in
Berlin-Lichterfelde, Cousinen unserer Oma Groß (wohl
alle auf Deiner Japanischen Hochzeit und wohl auch von Deinem
Vater in Berlin besucht). Magda Jaerschky (Nichte von
Hedwig, der Frau von Otto Kiepert und auch Nichte von Marie,
der Frau von Louis Beer) heiratete Dr. med. Richard
Langerhans. Dieser Richard Langerhans, Sohn des Berliner
Stadtverordnetenvorstehers Dr. Paul Langerhans,
sen.(1819-1909), hatte einen Bruder, der berühmte Dr.
med. Paul Langerhans jun.(1847-1888), Entdecker der
Langerhansschen Inseln in der Bauchspeicheldrüse. Richard
und Robert Langerhans hatten eine Schwester Gertrud
Langerhans [auf der Japanischen Hochzeit”], die
heiratete den Baumeister Gustav Knoblauch (1833-1916).
Ich stütze mich auf eine handschriftliche
Übersicht, wohl eine Frauenschrift, möglicherweise
die von [Grossmutter] Margarete Groß (nicht von
Liane Kiepert). Ob alle Lebensdaten stimmen, weiß ich
nicht. Ich wage es nicht, den Bauchspeicheldrüsen-
wissenschaftler Paul Langerhans nun verwandtschaftlich
einzusortieren, aber er gehörte zum Clan. Er bekam eine
schwere Tuberkulose und starb früh. Auch er war
verheiratet, aber ich weiß nicht mit wem, wahrscheinlich
steht es im Buch von Herrn Hausen. Ich würde mich nicht
wundern, wenn auch die Frau einen uns bekannten Namen trug.
Die große Entdeckung von Paul Langerhans, die er schon
1869 machte, ein Jahr vor der großen Reise, war
Gegenstand seiner Habilschrift. Den Namen "Langerhanssche
Inseln" hat erst die Nachwelt geprägt.
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